Die Entscheidung ist getroffen. Sie beginnen damit, Ihre Entscheidung anderen Menschen mitzuteilen und die Entscheidung umzusetzen. Doch Sie bekommen dabei reichlich Gegenwind und Kritik. Was tun?
Vor einigen Jahren erlebte ich folgende Situation während eines meiner Seminare:
Eine junge Teilnehmerin beschwerte sich vehement über meine Themenauswahl, weil sie ihrer Meinung nicht zum Seminarthema passen würde und sich die Teilnehmer etwas anderes vorgestellt hätten. Sie war sehr enttäuscht und äußerte dies lautstark.
Meine erste Gedanken:
„Was soll das denn jetzt?“
„Das ist unverschämt und stimmt doch gar nicht!“
„Was denken denn jetzt die anderen?“
Ich fühlte mich angegriffen, unverstanden und zu Unrecht beleidigt. Die Kritik der jungen Frau erwischte mich eiskalt. Am liebsten hätte ich ihr gerne auch meine Meinung gesagt.
Nun, dieses Erlebnis verfolgte mich noch einige Zeit über das Seminar hinaus, obwohl ich von allen anderen Teilnehmern ein positives Feedback erhalten hatte. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich einen guten Umgang mit dieser Kritik fand und sie nicht mehr „persönlich“ nahm.
Seit damals habe ich mich sehr viel mit dem Thema „Kritik“ und dem konstruktiven Umgang damit beschäftigt.
Gerade auch in Entscheidungssituationen kommt es manchmal vor, dass Menschen nach ihrer Entscheidung sich mit Kritik von anderen auseinandersetzen müssen. Oder sie haben schon im Vorfeld die Befürchtung, dass ihre Entscheidung Kritik auf sich ziehen wird und tun sich deshalb mit der Entscheidung schwer.
Deshalb hier:
Sieben Impulse wie Sie gut mit Kritik umgehen können:
1. Erkennen Sie Ihre eigenen Reaktionsmuster
Meist trifft uns Kritik völlig unvorbereitet. Man ahnt nichts Böses und plötzlich haut einem jemand eine verbale Keule um die Ohren. Sofort springen bei uns dann alte Muster an: Fluchtgedanke, Gegenangriff oder Totstell-Reflex.
Der Fluchtgedanke:
Man will am liebsten Davonlaufen, raus aus dieser unangenehmen Situation. Oftmals entschuldigt man sich dann – auch wenn das gar nicht nötig wäre – nur um das blöde Gefühl loszuwerden.
Die Angriffsvariante:
Sofort geht man zum Gegenangriff über, um von sich abzulenken. Schnell sucht man nach einem Punkt, den man seinem Gegenüber vorwerfen kann. Das kann ein Aspekt seines Verhaltens, oder der Ton, oder die Lautstärke seiner Kritik sein. Oder auch die Tatsache, dass er es überhaupt wagt, mich zu kritisieren.
Der Totstell-Reflex::
Man verhält sich so, als ob man nichts gehört hätte und geht nicht auf die Kritik ein. Man ignoriert den Kritiker und seine Kritik. Ich lasse diese an mir abprallen und bin äußerlich gelassen. Innerlich tobt jedoch ein Sturm.
Alle drei Varianten haben einen hohen Preis: Entweder kommt es zu einer Eskalation der Situation oder man muss sich selbst so stark zurücknehmen, dass man unzufrieden wird und das Ganze noch lange an einem nagt. Leider springen diese Verhaltensmuster meist sehr schnell und automatisch an, noch bevor wir überhaupt logisch denkend an die Situation rangehen können. Deshalb ist folgende Übung meiner Erfahrung nach sehr hilfreich in Kritiksituationen:
2. Atmen Sie erst einmal durch
Wenn Sie unvorbereitet mit Kritik an Ihrer Arbeit, Ihrem Verhalten oder Ihrer Person konfrontiert werden, dann versuchen Sie erst einmal Zeit zu gewinnen und ruhig zu bleiben. Das geht am besten mit kontrolliertem Atmen. Einfach zwei bis drei tiefe, kontrollierte Atemzüge in den Bauch hinein. Konzentrieren Sie sich auf den Atem, nichts sonst.
Oftmals hilft es auch zu sagen „Deine Kritik überrascht mich gerade. Da muss ich mal kurz einen Augenblick drüber nachdenken“.
Machen Sie sich dann die nun folgenden Punkte bewusst und legen Sie so den Grundstein für einen guten Umgang mit dieser Kritik.
3. Machen Sie sich klar: Es wird immer jemand geben, der Ihre Entscheidung nicht gut findet
Es wird immer Menschen geben, die nicht gutheißen können, was Sie tun. Ganz egal, wie Sie sich verhalten. Es wird sich immer jemanden finden, der es anders machen würde. Manche denken das nur, andere sagen es Ihnen direkt. Eine banale, aber wichtige Erkenntnis.
Es gehört zum Leben dazu, dass man anderer Meinung ist. Daher ist eine Konfrontation mit anderen Menschen vollkommen normal und unvermeidbar.
4. Der Inhalt und die Art der Kritik sagen mehr über Ihr Gegenüber aus, als über Sie
Wenn jemand Sie kritisiert, hat das erst einmal wenig mit Ihnen direkt zu tun. Vielleicht gar nichts. Evtl. hatte Ihr Gegenüber zuvor viel Ärger, weil es im Beruf schlecht lief oder der Haussegen schief hängt, oder er/sie einfach mit dem falschen Bein aufgestanden war. Dann ist Ihr Thema nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Dann werden Sie vermutlich machen können, was Sie wollen, der Kritiker wird etwas finden, um Sie zu kritisieren.
Daher ist es eine gute Strategie, Gegenfragen zu stellen. Kommen Sie ins Gespräch und bringen Sie den Kritiker dazu, über sich zu reden und nicht über Sie.
Die entscheidende Frage ist also nicht, wie Sie sich verhalten haben, um zu der Kritik zu kommen, sondern warum Ihr Gegenüber darauf so angesprungen ist und Sie meinte, kritisieren zu müssen.
Wenn Sie sich also mit Ihrem Kritiker auseinandersetzen, dann versuchen Sie die Situation, die Wünsche und Bedürfnisse Ihres Kritikers herauszufinden. Denken Sie über ihn nach, nicht (nur) über sich selbst.
5. Ihr größter Kritiker sitzt zwischen Ihren Ohren
Letztendlich entscheiden Sie selbst, welche Gewichtung Sie der Kritik geben. Entscheidend dafür ist, wie Sie selbst dazu stehen. Meist ist es so, dass uns Kritik persönlich verletzt, wenn etwas in uns angestoßen wird, das uns viel bedeutet. Sozusagen genau der Knopf gedrückt wird, der am meisten weh tut. Manchmal sind es alte Glaubenssätze, die dabei aktiviert werden. So etwas wie „ich mache eh alles falsch“ oder „ich bin nicht gut genug“.
Daher ist Kritik auch immer eine Lern- und Entwicklungschance. Fragen Sie sich, was die Kritik in Ihnen anstößt. Welche alten Muster anspringen und vor allem, ob es wirklich so ist, wie Sie es früher mal gedacht/geglaubt haben.
6. Rücken Sie die Kritik ins richtige Licht
Kritik anderer macht uns vor allem dann ziemlich fertig, wenn wir diese als „absolut“ und „unumstößlich“ ansehen, und nicht in die richtige Relation bringen. Aber der Kritiker sieht nur seine Sicht. Es gibt auch noch andere.
Es wird immer auch Menschen geben, die genau die gleiche Situation und unser Verhalten ganz anders beurteilen würden. Wenn man innerhalb einer Gruppe kritisiert wird, wird es immer auch andere Gruppenmitglieder geben, die das ganz anders sehen – auch wenn die sich evtl. nicht immer äußern. Und sollte die Kritik in einem Zwiegespräch stattfinden, kann man sich dennoch sicher sein, dass andere die Situation anders beurteilen würden.
Wenn Sie also in einer Kritiksituation sind, dann versuchen Sie, innerlich einen Schritt zurückzutreten und sich mal zu fragen, wie jemand anderes – ein Freund oder Kollege – die Situation bewerten würde.
Einge gute, vorbeugende Maßnahme, um gelassen mit Kritik umgehen zu können, ist es, sich eine Erfolgsliste oder ein Erfolgsbuch anzulegen. Schreiben Sie sich einfach regelmäßig auf, was Sie gut gemacht haben, worauf Sie stolz sind, wenn Sie Lob und positives Feedback von anderen Personen erhalten haben. Das ist sehr gut fürs Selbstbewusstsein und macht Sie stark, um auch mit Kritik umzugehen.
7. Lernen Sie aus Kritik
Es geht nicht darum, Kritik an uns abprallen zu lassen. Sondern darum, die Kritik richtig einordnen zu können und ggf. die Chance zur Weiterentwicklung zu nutzen. Nicht jede Kritik ist negativ. Nur wie Sie damit umgehen, entscheidet über eine positive oder negative Wirkung.
Wenn Sie mit Kritik konfrontiert werden und dabei sind, einen konstruktiven Umgang damit zu finden, wird es Ihnen voraussichtlich nicht immer gleich gelingen, diese gut einzuordnen. Dies bedarf einger Übung. Daher ist es gut, Kritik erst einmal ruhen zu lassen und dann mit etwas Abstand nochmals zu analysieren und zu reflektieren.
Fazit:
Kritik gehört zum Leben. Keiner von uns wird ohne Kritik an sich selbst durchs Leben gehen. Aber Kritik kann zu unserer Weiterentwicklung beitragen. Ohne solche Impulse könnten wir uns nicht weiter entwickeln. Deshalb sind auch kritische Impulse wichtig und wertvoll. Wir selbst können sehr genau auswählen, was wir davon annehmen wollen und was nicht. Versuchen Sie daher, den Kritiker als Trainingspartner zu sehen und nicht in erster Linie als Gegner. Er gibt Ihnen die Chance, zu lernen, gelassen und reif mit Kritik umzugehen.
Johann
Vielen Dank für diesen hilfreichen Artikel. Ich werde das gleich mal versuchen in die Tat umzusetzen. Herzliche Grüße aus Münster.
Oliver Teufel
Vielen Dank für die Rückmeldung und viel Erfolg,
herzliche Grüße,
Oliver Teufel